Rechercher

Bei ihrer Scheidung wurde meiner Mieterin die Nutzung der ehelichen Wohnung zugesprochen. Seitdem sind ihre Tochter sowie deren Ehemann mit ihren beiden Kindern in die Wohnung gezogen, was meines Erachtens zu Unannehmlich- keiten führt. Mir wurde gesagt, ich könne den Mietvertrag auf der Grundlage von Art. 250f Abs. 3 OR fristlos kündigen. Wie steht es damit?

Eine Vorbemerkung: Der Erwerb oder die Übertragung von Eigentum beginnt nicht mit der Unterzeichnung des Ver- trags, sondern mit dem Eintrag der Ei- gentumsübertragung im Grundbuch.

In einem kürzlich ergangenen Urteil (Ur­ teil 4A_521/2021) befasste sich das Bundesgericht mit der Frage der Auf­ nahme eines Familienangehörigen aus­ serhalb jeglicher gesetzlicher Unter­ haltspflicht mit einer Gegenleistung zur Übernahme der Miete. Nach Ansicht der Bundesrichter muss nach Erlö­ schen der gesetzlichen Unterhalts­ pflicht die Bereitschaft, einen Unter­ mietvertrag abzuschliessen, je nach Fall festgelegt werden. Wenn das Unter­ mietverhältnis nicht zwangsläufig dazu führt, dass die Nutzung der Räumlich­ keiten als Beherbergung eingestuft wird, bedeutet die blosse Beteiligung an den Haushaltskosten eines Kindes, das bei seinen Eltern wohnt, nicht auto­ matisch den Abschluss eines Mietver­ trags. Entscheidend ist also der Wille (oder Unwille), einen Vertrag abzu­ schliessen (animus contrahendi). «Mit anderen Worten: Es gilt festzustellen, ob das Kind und der Mieter einen Ver­ trag abschliessen wollten». In dieser Hinsicht sind die Bundesrichter der An­ sicht, dass ein Untermietvertrag not­ wendigerweise abgeschlossen wird, wenn ein Mieter und eines seiner Kin­ der vereinbaren, dass die gesamte oder ein Teil der Wohnung dem Kind gegen Übernahme der Miete zur Verfügung gestellt wird (Xavier Rubli. Aufnahme des Kindes des Mieters ausserhalb der gesetzlichen Unterhaltspflicht: Beher­ bergung, Gebrauchsleihe oder Unter­ miete? Urteil 4A_521/2021, Newsletter Bail.ch Februar 2023).

Wie der Kommentator feststellt, ist diese Ansicht des Bundesgerichts um­ stritten, da viele Autoren der Meinung sind, dass die Aufnahme nicht nur von Konkubinatspartnern, son­ dern auch von Eltern oder Kindern keine Untermiete darstellt, selbst wenn diese sich finanziell beteili­ gen.

Um auf Ihre ursprüngliche Frage zurückzukommen: Da Ihre Mieterin Ihre Zu­ stimmung zu dieser Unter­ vermietung nicht eingeholt hat, bleibt zu prüfen, ob zum Zeitpunkt, wo Sie hät­ ten konsultiert werden müssen, ein triftiger Grund vorgelegen hätte, die Un­ tervermietung zu verwei­ gern. Diese Gründe sind in Art. 262 Abs. 2 OR aufge­ führt: Wenn der Mieter sich weigert, die Bedingungen der Untermiete be­ kanntzugeben, die Bedingungen miss­ bräuchlich sind oder die Untermiete für den Vermieter erhebliche Nachteile mit sich bringt. Zu diesen Bedingungen kommt noch ein möglicher Rechtsmiss­ brauch hinzu.